"Gehen Sie viel schwimmen", lautet meist der Rat der Orthopäden, wenn sie dem wirbelsäulenleidenden Patienten eine Sportart empfehlen. In der Tat bedeutet Schwimmen Bewegung ohne Belastung, das heißt, die Schwerkraft ist durch die Horizontallagerung und den Auftrieb im Wasser reduziert. Bandscheiben und Gelenke können ohne Druckbelastung bewegt werden, was für die Ernährung des Knorpels wichtig ist und vor allem vom Patienten als wohltuend empfunden wird. Viele Leidende können sich nur im Wasser einigermaßen schmerzfrei bewegen.
Weiterhin kräftigt man beim Schwimmen die für die Wirbelsäulenstabilisierung so wichtigen Rumpf- und großen Gelenkmuskeln.
Das Schwimmen in angenehm warmem Wasser ist deswegen für viele Wirbelsäulenerkrankungen und Haltungsfehler vor allem bei Jugendlichen (Wirbelsäulenseitverbiegung, Skoliose, Scheuermann) zu empfehlen.
Kein Brustschwimmen!
Bei Patienten mit bandscheibenbedingten Erkrankungen der Hals- und Lendenwirbelsäule sind allerdings Abstriche zu machen. Unter Schwimmen versteht man hierzulande im Allgemeinen das Brustschwimmen.
Der Gelegenheitsbrustschwimmer hält den Kopf aus dem Wasser, um Gesicht und Haare nicht nass werden zu lassen. Es kommt dabei zur beschwerdeauslösenden "Kopfin-Nacken-Haltung" mit verstärkter Halslordose. An der Lendenwirbelsäule entsteht eine vermehrte Lordose mit Hohlkreuzbildung. Die Über-Kopf-Bewegung der Arme führt außerdem häufig zu Schulterbeschwerden, weil hier die Gelenkkapsel unter dem Schulterblattdach eingeklemmt wird (so genannte Schwimmerschulter).
Beim Kraulen und Delphinschwimmen sieht es nicht viel besser aus. Deswegen kommt bei Bandscheibenschäden eigentlich nur das Rückenschwimmen in Frage. Hier treten allerdings meist Schwierigkeiten mit der ungewohnten Technik und mit anderen Schwimmern auf.
Wir empfehlen deswegen die Entlastungshaltung beim Rückenschwimmen, die viele Vorteile bietet.
Rückenschwimmen in der Entlastungshaltung
Es wird eine Haltung eingenommen, die der Stufenlage entspricht. Hüft- und Kniegelenke sind gebeugt, der Rücken ist gerade oder leicht nach hinten durchgebogen, der Kopf wird nach vorn gebeugt. Dabei ist die Halslordose aufgehoben. Die Rundrückenbildung unter Entlastung ist nicht schädlich, sondern eher erholsam für die Wirbelsäule.
Der Kopf ragt aus dem Wasser, die Schulter-Nacken-Muskeln sind auch vom Wasser bedeckt. Auftrieb und Vor-(Rück-)wärtsbewegung erfolgen durch die Strampelbewegungen der Beine wie beim Kraulen. Die Beine sollen dabei unter Wasser gehalten werden. Die Arme befinden sich seitlich und vollführen unter Wasser Paddelbewegungen.
Diese Technik ist leicht zu erlernen. Ungeübte und ältere Leute können mit einem Schwimmgürtel oder Schwimmärmeln nachhelfen.
Abgesehen von den positiven Auswirkungen der Entlastungshaltung auf die Hals- und Lendenwirbelsäule, ergeben sich auch Vorteile gegenüber anderen Schwimmarten: Der Kopf wird nicht nass, man kommt nur langsam voran und braucht deswegen nicht viel Platz im Schwimmbecken, die Unterwasserbewegungen sind lautlos.
Positive Auswirkungen ergeben sich auch bei Schulterbeschwerden, weil die Über-Kopf-Bewegungen wegfallen.
Wir empfehlen diese Art des Schwimmens auch bei Problemen mit dem Kniegelenk. Strampelbewegungen unter Wasser über einen Bogen von etwa 30-40 Grad kräftigen die Muskulatur und bewegen schonend das Kniegelenk, ohne die Gelenkkapsel und den Meniskus zu reizen, was beim Brustschwimmen mit der Froschbewegung schon eher der Fall ist.