Eine Chronifizierung kündigt sich an, wenn die Schmerzen über Wochen und Monate anhalten. Es wird immer schwieriger, den gewohnten Lebensrhythmus beizubehalten. Psychische Beeinträchtigungen sind zwangsläufig. Der Schmerz ändert seinen Charakter und ist ständig, unter Umständen auch nachts vorhanden. Aus den zunächst punktuellen Schmerzen über einem Wirbelgelenk oder im Bereich einer Kreuzdarmbeinfuge entwickelt sich ein diffuser Kreuzschmerz, der sich über die gesamte Lumbosakralregion erstreckt und unter Umständen pseudoradikulär in eine oder beide Extremitäten ausstrahlt. Die dauernde Anspannung der Rückenstreckmuskeln und der proximalen Extremitätenmuskeln führt zu Insertionstendopathien am Becken, an den Dornfortsätzen und schließlich auch an den oberen Rumpfabschnitten.
Im Vordergrund der Therapie stehen Wärmeanwendungen, Bewegungsübungen und lokale Infiltrationen der ursprünglichen und hinzugekommenen Schmerzausgangspunkte. Mit der Applikation von Analgetika und Sedativa sollte man bei chronischen Kreuzschmerzen zurückhaltend sein, da mit der Dauermedikation Nebenwirkungen wahrscheinlicher werden.
Beim chronischen Lumbalsyndrom gilt es in erster Linie, den Circulus vitiosus Schmerz-Muskelverkrampfung-Fehlhaltung-Schmerz von der muskulären Seite her zu durchbrechen. Geeignet hierfür sind Massagen, Elektrotherapie, Infiltrationen des Muskels mit Lokalanästhetikum und allgemeine muskelentspannende Maßnahmen. Hierzu zählt in erster Linie die progressive Muskelentspannung nach Jacobson (1938). Die ursprünglich sinnvolle Tonuserhöhung der Muskulatur hat sich im Verlauf eines chronisch rezidivierenden Lumbalsyndroms über den Circulus vitiosus verselbständigt und ruft ihrerseits Schmerzen durch andauernde Muskelanspannung und Insertionstendopathien hervor.
Wenn der pathologische Muskeltonus durch Wärmeanwendungen, Elektrotherapie, Ablenkung nachgelassen hat, sind entsprechende vorsichtige Bewegungsübungen im schmerzfreien Bewegungsspielraum angebracht. Hierzu zählen z. B. Standradfahren und Rückenschwimmen in der Entlastungshaltung. Durch ein entsprechendes Training der Haltungs- und Verhaltensweise im Rahmen der Rückenschule sind alle Bewegungen und Haltungen unbedingt zu vermeiden, die zu einem neuen nozizeptiven Input führen könnten. Hierzu zählen beim chronischen Lumbalsyndrom in erster Linie Reklinations- und Rotationsbewegungen der Lendenwirbelsäule, Rundrückenhaltungen und jegliche Form von Haltungskonstanz. Auch Unterkühlungen der Muskulatur und psychische Anspannungen können den Chronifizierungsprozeß aufrecht erhalten.