Laufen (Joggen) ist Bandscheibenmassage

Hier soll nicht vom Laufen als Spezialdisziplin in der Leichtathletik die Rede sein, sondern vom Laufen beziehungsweise Joggen als Breitensport. Sportmediziner betonen immer wieder, dass bei diesem Sport Kreislauf und Bewegungsapparat gleichermaßen profitieren. Auch für die Wirbelsäule ergeben sich fast nur positive Gesichtspunkte. Bei leicht vornübergeneigter Haltung mit angewinkelten Armen, wie es dem Laufstil der meisten Menschen entspricht, werden die Bewegungssegmente der Lendenwirbelsäule in ihrer Funktionsmittelstellung in regelmäßigem Be- und Entlastungsrhythmus beansprucht. Gleiches gilt für die Halswirbelsäule, wenn man den Kopf leicht vorneigt und den Blick nach unten richtet, was beim Waldlauf zum rechtzeitigen Erkennen von Hindernissen ohnehin zu empfehlen ist (watch your steps, beobachte deine Schritte). Neben diesem wirbelsäulenfreundlichen Laufstil sieht man auch immer wieder Läufer, die den Kopf in den Nacken legen und sich eher etwas zurückneigen. Dieser Laufstil ist für Bandscheibengeschädigte nicht zu empfehlen.

Beim Laufen kommt es zu einem rhythmischen Wechsel zwischen Be- und Entlastung der Wirbelsäule und so zu einer besseren Ernährung beziehungsweise Durchsaftung der Bandscheiben.

Leichte Vor- und Rückbewegungen des Beckens, die mit jedem Schritt verbunden sind, übertragen sich auf die unteren Lendenbandscheiben und massieren beziehungsweise durchwalken dort die Gallertkerne. Der Gallertkern wird wieder in die Mitte geschaukelt, falls er sich durch Haltungskonstanz verschoben haben sollte.

Die Wirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule vollführen ebenfalls kleine rhythmische Bewegungen aus der Funktionsmittelstellung heraus. Deswegen ist die leicht vornübergeneigte Haltung beim Laufen so wichtig.

Wir haben bei unseren Untersuchungen auf dem Laufband mit Ableitung von Aktionspotenzialen, das heißt Aktivitätszeichen verschiedener Muskelgruppen, feststellen können, dass beim Laufen nicht nur die Beinmuskeln, sondern auch die Rumpfmuskeln, das heißt Bauch- und Rückenstreckmuskeln, deutlich beansprucht werden. Jeder kann sich selbst davon überzeugen, wenn er beim Laufen seine Rückenstreck- beziehungsweise Bauchmuskeln abtastet und feststellt, wie sie sich rhythmisch an- und entspannen.

Richtiges Schuhwerk

Eine wesentliche Voraussetzung für die genannten Auswirkungen des Laufens auf die Wirbelsäule ist das richtige Schuhwerk mit stark gepolsterten Sohlen, wie sie heute in allen guten Laufschuhen vorhanden sind. Hiermit wird auch der Lauf auf hartem Untergrund möglich, der nur in den meisten Gegenden als Laufstrecke zur Verfügung steht.

Wegen der rhythmischen Beanspruchung der Bewegungssegmente in funktionsgerechter Mittelstellung ist das Laufen für Menschen mit anfälligen Bandscheiben besser als Gehen und Stehen. Viele Patienten geben an, dass sie eher eine Stunde laufen können als eine halbe Stunde im Kaufhaus oder Museum umherschlendern. Diese positive Auswirkung des Laufens auf die Wirbelsäule kam auch bei unserer Befragungs- und Untersuchungsaktion bei mehreren hundert Joggerinnen und Joggern verschiedener Lauftreffs zum Ausdruck. Wir wollten die Beschwerden und Schäden am Bewegungsapparat feststellen, die durch das Laufen entstanden waren. Die meisten gaben Vorfuß-, Achillessehnen- und Kniebeschwerden an, vor allem, wenn sie für ihre Verhältnisse zu viel gelaufen waren; über Wirbelsäulenbeschwerden klagte kaum jemand.