Schmerzen bei lumbaler Spinalkanalstenose sind charakterisiert durch ihre Belastungsabhängigkeit beim Gehen und Stehen, mit Schmerzreduzierung bei allen Körperhaltungen, die mit einer Rumpfvorneigung (Lordoseabflachung) verbunden sind. Hierin unterscheiden sich die Schmerzen der Spinalkanalstenose von Ischämieschmerzen bei Durchblutungsstörungen. Im Vordergrund stehen Beinschmerzen, die bei zentraler Spinalkanalstenose beidseitig, vor allem zur Vorderseite der Oberschenkel hin ausstrahlen und bei lateraler Spinalkanalstenose dermatombezogen einseitig ausstrahlen. Da die Beinschmerzen oft schon nach wenigen Schritten auftreten, spricht man auch von einer Claudicatio intermittens spinalis. Ursächlich können an der Einengung sowohl knöcherne (Wirbelbogen, Wirbelkörper) als auch Weichteilstrukturen (Bandscheibe, Bindegewebe) an der Einengung des lumbalen Wirbelkanals beteiligt sein. Eine Wirbelkanalstenose kann, je nach Ursache, mono- oder polysegmental vorkommen. Charakteristisch ist in der Regel eine Einengung durch Vorwölbungen des Ligamentum flavum von der Dorsalseite her und der degenerativ veränderten Bandscheiben von der ventralen Seite des Epiduralraumes her. Beide Vorwölbungen entstehen im Rahmen der degenerativen Verschmälerung des Zwischenwirbelabschnitts. Hyperlordose verstärkt dieses Phänomen. Zunächst bleiben diese Deformierungen symptomlos, man spricht von einer kompensierten Spinalkanalstenose. Zunehmende Lordosierung durch altersbedingte Schwäche der Bauchmuskeln, geringe intradiskale Massenverschiebungen mit Verstärkung einer oder mehrerer Bandscheibenprotrusionen und Haltungs- und Verhaltensänderungen mit verstärkter Lendenwirbelsäulenlordosierung engen den Raum für die neuralen Elemente im lumbalen Wirbelkanal zusätzlich ein, bis der Reserveraum erschöpft ist und kompressionsbedingte Schmerzen auftreten.
Dekompensierte Spinalkanalstenose
Kompressionsbedingtes Nervenwurzelödem und gestaute epidurale Venen lassen rasch das Spinakanalstenosensyndrom entstehen, welches mit heftigsten Schmerzen in beiden Beinen einhergeht. Es handelt sich um mono- oder polysegmental, neuralgiebetonte Schmerzen, da vorwiegend Spinalnerven komprimiert werden. Nach Porter (1964) überschreitet die neurogene Claudicatio intermittens bei Spinalkanalstenose nie ein bestimmtes Niveau und führt vor allem nicht zur Querschnittslähmung.
Zur symptomatischen Schmerztherapie der lumbalen Spinalkanalstenose werden, entsprechend dem neuralgischen Charakter der Schmerzen, zentral wirkende Analgetika eingesetzt, um die Mobilität der meist alten Patienten zu erhalten. Die venösen Abflußstörungen im Wirbelkanal sollten mit durchblutungsfördernden Mitteln für die venöse Seite behandelt werden. Die im Wirbelkanal komprimierten Nervenwurzeln erreicht man am besten mit epiduralen Injektionen. Bei zentraler Spinalkanalstenose mit polysegmenta-er Beteiligung ist die epidural-dorsale Injektion angebracht, da mehrere Segmente gleichzeitig erreicht werden. Bei lateraler Spinalkanalstenose mit monosegmentaler Kompression eines Spinalnerven im lateralen Rezessus oder im Foramen intervertebrale, ist die epidural-perineurale Injektion indiziert. Ergänzend erfolgen Spinalnervenanalgesien und Facetteninfiltrationen, um Hyperlordose und Lumbalspasmus anzugehen. Die kausale Schmerztherapie hat eine Abflachung der Lendenlordose zum Ziel, da sich hierbei der lumbale Wirbelkanal deutlich erweitert. Außerdem kommt es zu einer Abflachung der Bandscheibenprotrusionen auf der ventralen Seite und der Vorwölbungen der Ligamenta flava auf der dorsalen Seite des Spinalkanalsl.
Die Abflachung der Lendenlordose erreicht man sofort durch Stufenlagerung und durch das Tragen einer Flexionsorthese beim Stehen und Gehen. Bei der Physiotherapie kommt es in erster Linie auf ein Bauchmuskeltraining an. Tägliches Standradfahren (vormittags und nachmittags jeweils 1/2 Stunde) im Rahmen der BISFR ergänzt das physiotherapeutische Programm.
Operativ kommt bei Therapieresistenz eine Erweiterung des lumbalen Spinalkanals in Frage. Früher war es üblich, den Spinalkanal mit einer Laminektomie über mehrere Etagen zu dekomprimieren. In Kenntnis der Tatsache, daß die Spinalkanalstenose sich nur in der diskalen Ebene oder in einem Rezessus abspielt, beschränkt man sich heute auf umschriebene Eingriffe mit einer Mikrodekompression im betroffenen Segment.